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Auf Nils Holgerssons Spuren durch Lappland
von Katja Schanz 2010
Urlaub in einer Gegend, wo es nie dunkel wird, die Sommertemperaturen angenehm bleiben
& sich Touristen eher sporadisch begegnen, unser Ziel für 2010 war schnell gefunden.
Die Kinder überzeugten wir mit Selma Lagerlöfs Bestseller "Die wunderbare Reise des
kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen", denn Kebnekaise & Akka kannten sie aus
dem Kinderbuch. Ohne die obligatorischen Gummistiefel (die, wie sich herausstellte, auch
nicht nötig waren) ging es Ende Juni für 10 Tage nach schwedisch Lappland.
Bis wir in Abisko, der Touristenstation des gleichnamigen Nationalparks, dem Beginn des
Kungsledens & unserer Erkundungstour, angekommen waren, verging ein ganzer Tag.
Dafür bekamen wir im Zug von Stockholm in den nördlichsten Zipfel Schwedens einen
Vorgeschmack von der endlosen Weite dieses Landes, welches, nach Süden geklappt, bis
Sizilien reichen würde.
Unsere 1. Tour führte durch das Karsavagga-Tal, welches, felsig & schluchtig, den schwedischen
Maler John Bauer für die Zeichnung seiner Trolle inspiriert haben soll. Im Hochfjäll
wanderten wir über Bohlen & durch Flüsse, hüften von Stein zu Stein & versuchten, uns
aus den Schlingen der Zwergbirken & -weiden zu befreien. Dank des reichlichen Seeangebotes
fanden wir genügend Möglichkeiten, die heiß gelaufenen Füße zu kühlen & mutig in
das eiskalte Wasser zu springen.
Um die endlose Weite besser überblicken zu können, bestiegen wir am 2. Tag den 1169 m
hohen Njulla. Wir staunten nicht schlecht. Vor uns winzigen Pünktchen in einer grandiosen
Natur lagen mehrere Kungsleden-Tagesetappen, Weite & Einsamkeit.
Auf dem schlechtesten Wanderweg unseres Lebens ging es am 3. Tag zum besten Rentierburger
& zur Kebnekaise-Fjällstation.
Die Redewendung "über Stock & Stein" gewann während dieser
Tour erst wirklich an Bedeutung & dankbar nahmen wir das Angebot, mit dem Boot über den See ein wenig abzukürzen, an.
Von der Touristenstation mit Hotelcharakter aus wollten wir am
4. Tag Schwedens höchsten Berg,
den 2111 m hohen Kebnekaise besteigen.
Bisher war immer schönes Wetter. Es sollte genau das passieren, was bisher immer eintraf, wenn
die Kinder hoch hinaus wollten. Verfolgt von Wolken starteten wir in den frühen Morgenstunden.
Da diese schneller waren, hatten sie uns bald eingeholt & versperrten uns die Sicht ins Tal & auf die Berge.
Zum Glück hatte die geführte Gruppe vor uns rote Jacken an & leuchtete uns den Weg über Gletscher, Spalten,
einer ca. 40 m hohen versicherten Felswand & den Gipfelgrat.
Natürlich geschah beim Abstieg ebenso das, was die Kinder bisher immer erlebten.
Die Wolken verzogen sich & mit jedem Höhenmeter abwärts wurde es schöner bis zu strahlend blauen Himmel, Sonnenschein & herrlicher Sicht im Ziel.
Vielleicht war es hier & da auch besser so, dass Maxi hinterher erst sah, wo sie hoch geklettert & drüber gelaufen war.
Als Belohnung für ihre großartige Leistung nahmen wir den Rückweg mit dem Helikopter &
bestaunten einmal mehr die tolle Landschaft, bevor unsere Reise am 5. Tag weiter nach Süden,
vorbei an den nördlichen lappländischen Nationalparks Muddus, Stora Sjöfallet & dem berüchtigten
Sarek zum Padjelanta, nach Ritsem, führte.
Per Boot überquerten wir am 6. Tag den wasserarmen Akkajaure & wanderten am Fuße
der Akka, der 2015 m hohen Königin von Lappland (den Namen verdankt das Massiv wahrscheinlich
seinem kronenähnlichen Gestalt), an Samendörfern vorbei zu einer ganz besonders
schönen Hängebrücke über die Stromschnellen des Vuojaätno.
Der 7. Tag war nicht nur total verregnet, zu Matthias` & Maxis Entsetzen verlor dann auch
noch Deutschland gegen Spanien im WM-Halbfinale.
Von unserem letzten Standort aus, der Saltoluokta-Fjällstattion, wollten wir nicht nur den
Stora Sjöfallet-NP näher erkunden, sondern auch noch einmal ein Stück auf dem Königspfad,
so wird der Kungsleden übersetzt, wandern.
Zunächst ging es auf den 1139 m hohen Lulep Gierkav, bei dessen Besteigung uns natürlich
wieder das erwartete, was uns immer erwartet, wenn Kinder hoch hinaus wollen...
Doch wir trotzen dem zickigen Wetter auch diesmal & erreichten den Gipfel nach einer recht anspruchsvollen Tour.
Denn der Berg war, wie wir bald bemerkten, treppenartig aufgebaut & stellte die Geduld der Kinder auf eine harte Probe.
Jedesmal, wenn sie glaubten, das Gipfelplateau erklettert zu haben, folgte die nächste Stufe.
Unser letzter Urlaubstag, der 8. Tag, stand im Zeichen des Wassersports.
Mit dem Kanu erkundeten wir den Akkajaure & Maxi beschloss zu überprüfen, ob sie auch in diesem Wasser gut rutscht.
Dann ging es mit dem Zug zurück nach Stockholm & als wir gegen Abend den Polarkreis
überquerten, wurde es allmählich auch wieder dunkel.
Nach 24h Heimreise begrüßte uns Deutschland mit 40°C & defekten ICE-Zügen. So fiel
uns der Abschied von der letzten Wildnis Europas, von Ruhe, Einsamkeit & endlos scheinender
Weite noch schwerer.
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