Die Geschichte (und Vorgeschichte) der Sektion Nordhausen:
1. Zeitraum 1882 bis 1928: von Herbert Buchholz
Dass einige Nordhäuser schon vor 1900 von den Alpen fasziniert waren, belegen geschichtliche Dokumente aus dem Archiv des Deutschen Alpenvereins e.V.
Haus des Alpinismus München. Es handelt sich bei den Dokumenten um die Jahresberichte der Sektion Erfurt von 1883 bis 1928.
Am 16.12.1882 fand die Gründungsversammlung der Sektion Erfurt des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins statt.
Nordhausen gehörte vor dem 1. Weltkrieg zum Regierungsbezirk Erfurt des Königreichs Preußen, weshalb es logisch war, dass die Nordhäuser Alpenfreunde in die Sektion Erfurt eintraten.
Folgende Nordhäuser waren bereits 1884 Mitglied des Alpenvereins Sektion Erfurt:
Herr Kunze, Fabrikant, Herr Mylius, Amtsrichter
und Herr Schneiderwind, Landesgerichtsrat
1886 bis 1890 traten weitere 8 Nordhäuser in den Alpenverein Sektion Erfurt ein:
Herr Brehme, Fabrikant, Herr Förstemann, Rentier, Herr Schreiber, Gerichtsassessor, Herr Sturm, Fabrikant,
Herr Meinicke, Brauereibesitzer, Herr Förstemann, Dr. med. prakt. Arzt, Herr Hoffmann, Dr. phil. Oberlehrer und
Herr Meyer, Grichtsassessor.
Von 1912 bis 1928 waren im Durchschnitt 35 Nordhäuser Mitglied im Alpenverein Sektion Erfurt.
Von 1902 bis 1928 (oder bis 1941?) gab es in der Sektion Erfurt einen "Vertauensmann" für Nordhausen und Umgebung.
Eine Nordhäuser Gruppe im Alpenverein Sektion Erfurt wurde also bereits 1902 gebildet!
Die Vertrauensleute für Nordhausen und Umgebung waren:
von 1902 - 1908 Herr Albert Meinicke Brauereibesitzer und
von 1909 - 1928 Herr Hugo Hanewacker Fabrikant.
Die im DAV-Archiv München vorhandenen Jahresberichte sind sehr interessant und von guter Qualität.
2. Jahr 1941: von Herbert Buchholz
Im Archiv des Deutschen Alpenvereins e.V. Haus des Alpinismus München gibt es ein Dokument über die
"Gründungsversammlung des Zweiges Nordhausen des Deutschen Alpenvereins"
Hier einige Auszüge aus dem Protokoll:
- Versammlungsdatum 09.04.1941
- 57 Gründer anwesend
- 77 Beitrittserklärungen lagen vor
- Tagesordnung: Rückblick, Gründungsakt und Sonstiges
- gewählter Zweigvereinsführer: Studienrat Dr. Paul Helmstaedt
- Stellvertreter: Rechtsanwalt Eberhard Wahnschaffe (z.Zt. bei der Wehrmacht)
- Kassenwart: Frau Prokuristin Wachtel-Eck
- Vortrags- und Bücherwart: Herr Oberschullehrer Johannes Löffler
- Sport- und Jugendwart: in Aussicht genommen Herr Friedrich Schuster (z.Zt. bei der Wehrmacht)
Unsere Meinung zu diesem Dokument von Friedmar Bartko:
In echtes Erstaunen hat uns die Information eines älteren Bergfreundes aus Hilpoltstein versetzt, dass es in Nordhausen schon einmal eine Sektion des DAV gegeben haben soll.
So hat am 9.April 1941 die Gründungsversammlung des "Zweiges Nordhausen" mit immerhin 77 Beitrittserklärungen stattgefunden. Dieser " Zweig Nordhausen " ist aber offensichtlich
nie praktisch wirksam geworden. Beim Lesen der Unterlagen wird man auch das Gefühl nicht los, dass diese Gründung auf direktes Betreiben und im Interesse der Nazi -
Führung zustande gekommen ist. Unsere Sektion hat sich deshalb entschlossen, Jahrestage ab Gründungsjahr 1991 gerechnet zu begehen.
3. Zeitraum 1958 bis 1990: von Friedmar Bartko
Eigentlich begann alles schon im Herbst 1958 mit der zufälligen zeitgleichen Arbeitsaufnahme zugereister "Junger Wilder"
im damaligen VEB Schwermaschinenbau NOBAS Nordhausen. Kannten sich Hans Kreutzfeldt und ich bereits vom gemeinsamen Studium, ergab sich auf der Aschenbahn
bei der Sektion Leichtathletik der BSG Aktivist Nordhausen die Bekanntschaft mit
Werner Müller.
Durch Hinzugewinnung Gleichgesinnter bildete sich bald eine fidele Truppe zwecks gemeinsamer und sinnvoller Freizeitgestaltung.
Je nach Jahreszeit und Stimmung waren Laufen, Wandern, Schwimmen, Radfahren, Skilaufen, Hallensport und natürlich Feiern angesagt.
Aus vorangegangenen gemeinsamen Kletterfahrten mit Dresdener Bergfreunden in die Sächsische Schweiz, schlummerte in mir zusätzlich ein Klettervirus,
das auch bald die Truppe infizierte.
Im Sommer 1960 folgte unsere Kletter-Jungfernfahrt in die Sächsische Schweiz, leider damals aus bekannten Gründen ohne Alpenvereinsausweis.
Mit den ersten faszinierenden Kletterwegen, wie Falkenstein "Turnerweg", Talwächter "Pfeilerweg", Barbarine "Alter Weg" usw., stabilisierte und
vermehrte sich das Klettervirus und beeinflusste fortan das Denken und Handeln der Befallenen. Über die schon länger ansässigen Sportsfreunde
Ernst Zimmermann und Hermann Kenzler fanden wir auch Zugang zur damaligen Sektion Touristik der BSG Motor Süd Nordhausen und wurden schrittweise
offizielle Mitglieder und bald zu einem bestimmenden Bestandteil der Sektion.
Unserem Bergfreund Werner Müller empfahlen wir 1962, die Ing.-Schule für Fördertechnik in Bautzen zu absolvieren, um dem arbeitsmäßigen 3-Schicht-System
zu entfliehen und nebenher eine qualifizierte bergsportliche Weiterbildung zu erreichen.
Die zwischenzeitlich erfolgte Teilung in Wander- und Klettergruppe wurde dann auch im Rahmen der Umbenennung der Sportgemeinschaft in BSG NOBAS im
Februar 1974 mit der Bezeichnung Sektion Wandern und Bergsteigen sichtbar gemacht.
Querelen in der Fachgruppe Höhlenforschung des Kulturbundes bescherten unserer Sektion ab Januar 1975 zusätzlich eine Höhlenforschergruppe.
Dies geschah aber nur, um ordnungsgemäß organisiert und damit für Höhlenbefahrungen berechtigt zu sein.
Verschärft wurde die Situation nach Erlass des Hohlraumgesetzes im Jahr 1984.
So musste die Höhlenforschergruppe zwecks "Fachlicher Anleitung" zusätzlich wieder Mitglied des Kulturbundes werden.
In Wahrheit diente das aber einer besseren Überwachungsmöglichkeit durch die Staatssicherheit, so die Meinung ehemaliger Mitglieder.
Mit der starken Zunahme der Laufbewegung bildete sich dank der Initiative von Hans Kreutzfeldt in den 80er Jahren in der Sektion eine Laufgruppe heraus.
So hat die Sektion auch bei der Organisation von Veranstaltungen, wie Harzüberquerung, Stundenlauf usw. mitgewirkt.
Unabhängig von den geschilderten verschiedenen Aktivitäten in der Sektion hatte die Bergsteigerei immer Vorrang, wobei der allgemeine und finanzielle
relativ hohe Aufwand auch von den Beteiligten selbst getragen wurde. So lag nahe, die langen Anfahrtswege in die Sächsische Schweiz durch Nutzung des Regensteingebietes
bei Blankenburg einzuschränken. Wurde dort anfangs gezeltet, gelang es 1967 mehreren Sportsfreunden auf privater Basis gemeinsam ein altes Gebäude der ehemaligen unterirdischen
Kriegsproduktion zu erwerben und als Hütte auszubauen.
Leider erfolgte im Mai 1975 mit Berufung auf das "Aufbaugesetz" nicht nur die Kündigung des Pachtgrundstückes, sondern es wurde das gesamte Klettergebiet
für jeglichen Zugang gesperrt. Hintergrund war die wegen der Eskalation des "Kalten Krieges" umfassende Erweiterung und der Ausbau des Areals unter
dem Regenstein für militärische Zwecke. Widerstand war nicht nur zwecklos, sondern auch höchst gefährlich für Leib und Seele.
Der "Kalte Krieg" ist zwar heute nicht mehr heiß und die östliche Grenze der "freien Welt" verläuft auch viel östlicher, aber das Gelände ist für Bergsteiger
immer noch nicht nutzbar und das trotz Demo durch die meisten Bergsteiger der Region Anfang 1990 und eines seinerzeit verfassten sehr optimistischen Protokolls
mit der damaligen noch NVA-Standortleitung. Auch weitere Aktivitäten der Bergsteiger, einschließlich einer "Biwak-Sendung" im mdr Fernsehen, änderten nichts am NEIN des offensichtlich
"glücklichen NVA - Erben", der Bundeswehr. Wir sind aber nach wie vor der Meinung, dass mit etwas Vernunft und gutem Willen doch einige Kletterfelsen in die "Freiheit"
entlassen werden könnten.
Zurück in das Jahr 1975 - unsere wunderbare "Kleine Sächsische Schweiz" in Blankenburg verloren, mehrere schriftliche Anträge zwecks Genehmigung von Kletterfahrten
in das Brockengebiet von den damaligen Allmächtigen des Kreises Nordhausen abgelehnt. Anträge für Fahrten in die Alpen aus Papierersparnisgründen gar nicht erst gestellt.
Also mussten die wenigen vorhandenen ausländischen Möglichkeiten in Polen, CSSR, Rumänien und Bulgarien maximal im Rahmen des Geldumtauschlimits "einfallsreich" genutzt werden.
In Richtung Kaukasus waren schon kleine Zauberkünste erforderlich.
Natürlich hat unsere Klettergruppe im Rahmen der Möglichkeiten bei der Sanierung, Erschließung und Sicherung des Klettergebietes Südharz mitgewirkt.
Besonders sind hierbei die Aktivitäten der damals jungen Sportsfreunde Matthias und Stephan Bachmann zu nennen.
4. Zeitraum 1991 bis 2001: von Friedmar Bartko
Mittlerweile sind aus den " Jungen Wilden" von 1958 beachtlich ruhigere Senioren geworden, die seit längerer Zeit vergeblich versuchen, die "Vorstiegsfunktion" an neue "Junge Wilde" weiter zu geben. Daran hat auch die Gründung der Sektion Nordhausen des DAV nichts geändert. Zwar gab es hin und wieder kleinere Lichtblicke, aber keinen greifbaren Erfolg.
Die Erklärung dafür überlasse ich lieber den Philosophen, denn die Marktwirtschaft allein kann daran wohl nicht schuld sein.
Die Entscheidung zum Aufbau einer DAV - Sektion Nordhausen war durchaus nicht so logisch, wie es vielleicht scheint, denn die dafür dringend erforderlichen potentiellen Interessenten waren weitestgehend auf den historisch ansässigen Harzklub und den traditionellen Kulturbund orientiert bzw. dort bereits Mitglied.
Trotzdem ist es gelungen, aus dem noch vorhandenen Stamm und zusätzlichen, bisher ungebundenen, aber im Herzen mit Touristik und den Bergen verbundenen Enthusiasten,
am 30.01.1991 die Gründung der DAV-Sektion Nordhausen mit insgesamt 35 Mitgliedern zu vollziehen.
Zweifellos war dabei der mit der gewonnenen "Freiheit" entstandene enorme "Auftrieb" zu bisher illusorischen Zielen hilfreich.
Auch wenn es unmöglich ist, das in 40 Jahren Versäumte nachzuholen, so konnten doch schon zahlreiche "Träume" erfüllt werden.
Die in den 10 Jahren erreichte Mitgliederzahl von 71war zwar kein Grund zum Jubeln, gab aber Hoffnung auf eine weitere positive Entwicklung.
An dieser Stelle sei auch unser Dank für die großzügige Hilfe an die DAV - Zentrale München ausgesprochen.
Abschließend möchte ich im Namen der Mitglieder der Sektion Nordhausen, der Sektionsleitung für ihre 10 jährige ehrenamtliche und oft aufwendige Arbeit Dank und Anerkennung aussprechen.
5. Zeitraum 1991 bis heute - Statistik: von Herbert Buchholz
30.01.1991 Gründungsversammlung der Sektion Nordhausen des Deutschen Alpenvereins (aus dem Gründungsprotokoll):
Initiatoren der Gründungsversammlung (35 Anwesende): Friedmar Bartko, Rolf Gorges, Hans Kreutzfeldt,
Werner Müller, Harry Wandt, Günter Zimmermann
Gründungsanlass:
Entsprechend der Gesamttendenz und den sich ergebenden Strukturveränderungen im Sportgeschehen
der neuen Bundesländer zeichnete sich dar Zerfall der in der Vergangenheit relativ aktiven Sektion
"Wandern und Bergsteigen" der BSG NOBAS Nordhausen ab (1989 noch 75 Mitglieder).
Zwecks Erhalt dieser historisch gewachsenen Gemeinschaft und der Schaffung von Möglichkeiten für diese und andere interessierte Sportfreunde zur Nutzung
der bestehenden Organisation des DAV zu schaffen, ergaben sich 2 Varianten:
1. Anschluss der interessierten Sportfreunde als Einzelperson oder als Gruppe an eine bestehende Sektion oder
2. Gründung einer eigenen Sektion in Nordhausen.
Ein wesentliches Entscheidungskriterium zur Gründung der DAV Sektion Nordhausen waren die territorialen Bedingungen.
Die z.Zt. vorhandenen benachbarten Sektionen befinden sich mind. 80 km im Umkreis von Nordhausen entfernt
(Erfurt, Göttingen, Goslar, Braunschweig und Mansfeld).
Nordhausen selbst liegt in einem touristisch sehr interessanten Gebiet (Harz, Kyffhäuser, Hainleite etc.).
Am 30.01.1991 gewählter 1. Vorstand: 1. Vorsitzender: Werner Müller, 2. Vorsitzender: Hans Kreutzfeldt,
Schatzmeister: Harry Wandt, Schriftführer: Friedmar Bartko
 
 
Sektionsjugend: Torsten Wenzel
04.04.1991: Im Vereinsregister beim Kreisgericht Nordhausen unter Nummer 218 eingertragen.
01.10.1991: Aufnahme in den Deutschen Alpenverein München.
11.03.1998: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Dieter Soltau, 2. Vorsitzender: Klaus Schmidt,
Schatzmeister: Manfred Seele, Schriftführer: Friedmar Bartko
Sektionsjugend: Torsten Wenzel
25.09.2001: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Dieter Soltau, 2. Vorsitzender: Thomas Pape,
Schatzmeister: Manfred Seele, Schriftführer: Friedmar Bartko
Sektionsjugend: Detlef Schmidt
26.10.2004: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Ulrich Schardt, 2. Vorsitzender: Rüdiger Neitzke,
Schatzmeister: Klaus Schmidt, Schriftführer: Herbert Buchholz
Sektionsjugend: Ulrich Noske
22.01.2008: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Ulrich Schardt, 2. Vorsitzender: Harry Wandt,
Schatzmeister und Mitgliederverwaltung: Klaus Schmidt,
Schriftführer: Herbert Buchholz
Sektionsjugend: Ulrich Knabe (früherer Name Ulrich Noske)
25.01.2011: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Ulrich Schardt, 2. Vorsitzender: Harry Wandt,
Schatzmeister und Mitgliederverwaltung: Klaus Schmidt,
Schriftführer: Herbert Buchholz, Sektionsjugend: Rüdiger Neitzke
28.01.2014: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Ulrich Schardt, 2. Vorsitzender: Harry Wandt,
Schatzmeister und Mitgliederverwaltung: Klaus Schmidt,
Schriftführer: Herbert Buchholz, Sektionsjugend: Rüdiger Neitzke
30.01.2018: Neuwahl des Vorstandes: 1. Vorsitzender: Ulrich Schardt, 2. Vorsitzender: Harry Wandt,
Schatzmeister und Mitgliederverwaltung: Gabriele Sommer,
Schriftführer: Herbert Buchholz, Sektionsjugend: zur Zeit nicht besetzt
Entwicklung der Mitgliederzahlen: 1991 = 35 Mitglieder
1998 = 54 Mitglieder
2001 = 71 Mitglieder
2005 = 91 Mitglieder
2007 = 120 Mitglieder
2010 = 165 Mitglieder
2013 = 220 Mitglieder
2016 = 295 Mitglieder
2018 = 304 Mitglieder
2019 = 333 Mitglieder
2021 = 358 Mitglieder
2022 = 370 Mitglieder
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