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Bergsteigen mit Kindern im Berner Oberland - Mönch 4107 m
von Katja Schorcht 2008
Die diesjährige Bergtour führte uns ins Berner Oberland. Das 1. Mal mit dabei - die 7jährige
Emma & ihre 11jährige Schwester Maxi. Bergsteigen mit Kindern war das Ziel unseres Ausflugs.
Die ersten Tage dienten der Akklimatisierung. Zwischen 1600 - 2000m Höhe wurde reichlich Bergluft geschnuppert & nach
Heidis Vorbild gewandert & gelaufen. Kondition & Motivation waren gut - es konnte losgehen! Nach einem Ruhetag
im Bergdorf Grindelwald ging es am darauffolgenden Tag auf das 3454m hoch gelegene Jungfraujoch.
Die Zwischenstopps im Eigertunnel ließen die Temperaturen erahnen, die uns erwarteten. Dazu der Blick auf die berüchtigte
Nordwand & den eisigen Gletscher - grrrrh. Oben angekommen wurde als Erstes durch den Eispalast geschlittert - so ein Spaß!
Noch einen Blick vom Sphinx-Aussichtsplateau auf die riesige Schnee- & Eislandschaft um uns herum, bevor wir uns, zwischen
Hunderten von verstörten Touristen, wettergerecht verkleideten & den Animationen entflohen.
Am späten Vormittag machten wir uns l a n g s a m auf den Weg zur 3650m hoch gelegenen Mönchsjochhütte.
Die Stunde Marsch durch den sulzigen Schnee wurde spielerisch für Übungszwecke genutzt & so empfanden sie das Gehen am
Seil & mit Steigeisen, vorbei an kleinen Schneebrettabstürzen, als äußerst spannend. In einem Bereich von etwa 2000m - 4000m
Höhe führt der niedrigere Luftdruck mit dem verminderten Sauerstoffangebot bereits ohne körperliche Anstrengungen zu einer
Erhöhung von Herz- & Atemfrequenz.
Außerdem vergrößert sich durch die zusätzliche Bildung von roten Blutkörperchen die Blutdichte, das Blut wird also dicker.
Die Gefahr, die Höhenkrankheit zu erleiden, steigt. Sie tritt völlig unabhängig vom Alter und sportlichen
Trainingszustand auf. Da wir wussten, wie unsere Körper auf die Höhe reagieren, nicht aber die der Kinder, achteten wir
bereits seit der Zugfahrt auf Atmung, Appetit & Befinden. Da sie die ganze Zeit plapperten, war das nicht weiter schwer.
Sich in der Hütte ausruhen zu müssen, war auch kein Problem, denn sie hatten noch nie in einem Bettenlager gehaust.
Bereitwillig bezogen sie die untere Etage & lasen bis zum Abendbrot.
3mal so viel trinken wie in normalen Höhen bedeutet für Kinder ca. 6 Liter am Tag. Da Emma ein ganz schlechter Trinker ist,
mussten wir uns Trinkspiele, natürlich alkoholfreie, einfallen lassen. Zum Glück gibt es überall in der Schweiz Rivella
(wenn auch hier sehr teuer), die mögen die Kinder sehr. Kohlenhydratreiche Nahrung verbraucht weniger Sauerstoff als
fette & eiweißreiche.
Der Wirt schien das zu wissen & kochte hervorragende 3-Gänge-Menüs. Auch heizte er dem Aufenthaltsraum
ordentlich ein. So traten weder Kopfschmerzen, Übelkeit, Atemnot noch Schlaflosigkeit auf, die uns zum Abstieg gezwungen
hätten. Denn Tabletten kamen nicht in Frage.
Am Dienstag hieß es um 6:00 Uhr aufstehen. Es war nebelig geworden & als wir am Einstieg des Mönches ankamen, begann es
zu schneien. Bis zum Regenmesser, einem Drittel der Strecke, hielten die Kinder super durch. Dann waren sämtliche Handschuhe
durchgeweicht, Emma fror & der rutschige Untergrund bereitete Maxi Probleme. Der Weg war nur noch schlecht zu sehen & die
Windböen machten den Balanceakt am Gipfelgrat undenkbar. Kurzerhand drehten wir um. In der Hütte angekommen steckten wir
die Kinder in trockene Sachen. Sie waren traurig & geschafft. Als sich das Wetter besserte, entschieden wir uns für einen
2. Versuch, den die Kinder lieber von der Hütte aus beobachteten.
1:28h später standen wir auf dem 4109m hohen Gipfel. Die Besteigung des Mönch ist eine kombinierte Tour,
in erster Linie im 2. Schwierigkeitsgrat über Fels. Der Gneis ist, wenn trocken..., schön griffig. Nach einer Felspassage,
die ca. die Hälfte des Anstiegs ausmacht, kam ein kurzer Schnee-Schwebebalken - sehr aufgeweicht, dann wieder Fels, dann
der nächste Balken, ein 3. Mal Fels & dann erst der überwächtete Gipfelgrat. Das Wetter am Morgen schien die meisten
deprimiert & verjagt zu haben, so hatten wir Berg & Gipfel ganz für uns allein. Auf dem Rückweg nutzten wir die Eisenstangen
zum Abseilen & eilten zurück zur Hütte - damit ist der Mönch tatsächlich ein Berg, "...für den eine kurze Wetterbesserung
reicht...".
Resümee: Der Mönch ist für alleingehende Einsteiger nicht zu empfehlen & selbst mit Führer braucht es ein gutes
Gleichgewichtsgefühl & Schwindelfreiheit. Da Kinder beides eher aufweisen als Erwachsene & sich, wenn es darauf ankommt,
auch sehr gut konzentrieren können, wäre eine Besteigung denkbar - vorausgesetzt, sie bekommen keine Probleme mit der Höhe.
Es sollte ein schöner Tag werden, ideal für eine längere Tour. Wir entschieden uns für das Groß-Fiescherhorn 4049m auf der anderen
Seite des Ewigschneefeldes. Vom Gipfel des Mönches hatten wir die Route gut einsehen können:
Über das obere Ewigschneefeld zum unteren Mönchsjoch, von dem der Fieschergrat
Luftlinie ca. 4km ausmacht. Das Walcherhorn, 3692m, ist eine Erhebung des Grates. Der Nordwestgrat mit einem 60m langen & 50°
steilen Abschnitt hatte sehr viel Neuschnee & somit kaum Blankeis. "Kinderfreundlich!" meinte ein Bergführer.
Die Eisschrauben nahmen wir vorsichtshalber trotzdem mit.
2:45 Uhr aufstehen, 4:20 Uhr marschierten wir los. Die Suche nach
meinem Fotoapparat hielt uns unnötig auf & dann drängelte sich eine Gruppe von drei 4er Seilschaften noch schnell vor -
so waren wir der Schwanz einer langen Lichterkette. 300Hm Abstieg auf das Ewigschneefeld, dann ein kurzer Anstieg & die
1. Spalte, die überstiegen werden musste. Durch einen Sattel & schließlich einen längeren steileren Anstieg bis zu einem
weiteren Sattel, der, am Fuß des Nordwestgrates, zu einer ausgiebigen Verschnaufpause einlud.
Die Kinder empfanden das
Erlebte als ein unglaublich spannendes noch nie da gewesenes Abenteuer. Konzentriert, zuversichtlich & mutig bewegten sie
sich auf diesem Neuland & jeder gemeisterte Abschnitt erfüllte sie mit Stolz. Den Nordwestgrat wollten wir ihnen dennoch
nicht zumuten.
Während die Kinder, gesichert & eingepackt in warme Kleidung, in der Obhut von Bergsteigern hier in Ruhe
etwas essen & trinken sollten, machten wir uns auf den Weg. Der Grat war gut einsehbar & so konnten sie unseren Aufstieg
verfolgen. 3½ Stunden von der Hütte bis zum Gipfel, auf dem wir kurz Luft holten, uns die Hände schüttelten & dann auch
schon wieder heruntereilten. Die jubelnden Kinder eingepackt & in 3 Stunden zurück zur Hütte. 300Hm Gegenanstieg!
Resümee: Nach 2 Tagen Akklimatisierung war diese knapp 7stündige Wanderungen für die Kinder problemlos.
Das frühe Aufstehen,
das Gehen mit Stirnlampen über knirschenden Schnee, die Steilhänge & die Spaltenüberquerungen waren aufregend, nicht
beängstigend. Beide hatten vor allem Neuen großen Respekt & fanden die Tour am Ende "voll cool".
Zur Jungfrau wollten sie uns dennoch allein losschicken & lieber in der Hütte helfen. Doch wie so oft erwies sich die
Jungfrau als zickig. Ein Schlechtwettereinbruch über Nacht, der sich erst in den späten Vormittagstunden legte, machte
eine Besteigung an diesem Tag unmöglich. Alle Versuche wurden abgebrochen & das Warten auf das angekündigte schöne Wetter
nach 5 Stunden aufgegeben.
Wir packten zusammen & fuhren zur Station Eigergletscher zurück.
& das Erste, was wir sahen, als wir den Tunnel verließen - eine lachende Jungfrau!
Wer zuletzt lacht...!
So blieb ein Tag mehr Zeit für Eigertrail, Steine sammeln, Blumenwiesen & sommerliche Temperaturen ... ;o)!
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