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Über Breithorn & Dom 4545 m zu den
Bergmarathonweltmeisterschaften
von Matthias Hankel & Katja Schorcht 2007
Juli 2005. Wir stehen erschöpft auf dem Plateau des Alphubels & bestaunen das Panorama.
Neben uns thront der höchste ganz auf Schweizer Boden stehende Berg & wir versprechen ihm, dass wir wieder kommen...
August 2007. Mitten in den Vorbereitungen auf die Bergmarathon-WM stellt die vor uns liegende Tour eine wichtige
Zwischenstadion dar. Während Rennsteigmarathon & zahlreiche andere ü20km & 30km-Läufe die nötige Ausdauer schaffen,
dient die Woche im Mattertal dem Höhentraining. Von diesem wollen wir 4 Wochen später profitieren…
Erste Station - das 1619m hoch gelegene Bergdorf Grächen. Als wir dort mitten in der Nacht aufschlagen, scheint außer
dem Koch des Marktplatz-Hotels alles zu schlafen. Der ist jedoch unglaublich hilfsbereit & verrät uns, dass die gebuchte
Unterkunft am Wochenende unbewirtschaftet & unverschlossen ist. Also rein in das leere Haus, das schönste Zimmer schnell
gefunden & ab in die Horizontale. Die Eingehtour wird auf`s Seetalhorn gemacht. 1100Hm bergauf. Die Wolken versperren die
Sicht auf alles Schöne & eine Skipiste im Sommer ist ein grauenhafter Anblick!
Am 2.Tag die 1. ü4000m-Tour - das Breithorn.
Nach länger andauernden Diskussionen über das mitzuführende Equipment erreichen wir per Seilbahn das 3883m hohe
Kleinmatterhorn als "Vorletzte", denn die angekündigte Touristenkarawane schlängelt sich bereits bergan.
Läufer spielen auch in den Bergen gern "Wer zuerst oben ist" & so spurten wir, jeder im Allein"run", an der
Menschenschlange vorbei, in 50min auf den 300m höheren Gipfel.
Bei herrlichen Schnee- und Wetterbedingungen gewöhnen wir uns wieder schnell an die Steigeisen &
die neuen, besseren, Bergschuhe. Der Aufstieg wird zu einer wahren Genusstour.
Mit 4164m ist der Ostgipfel die höchste Erhebung dieses Berges & die haben wir einen Augenblick ganz für uns allein.
Diesen überquert geht es zurück zur Seilbahnstadion.
Dort verweilen wir faulenzend den Rest des Tages. Während sich unser Körper an die dünne Luft gewöhnen soll, amüsiert
sich der Geist über "Bergsteiger", die im Jogginganzug und Sandalen über Fahrstuhl & breite Gittertreppe den
Kleinmatterhorngipfel bezwingen.
Zurück in Zermatt wird beschlossen, auf Whympers Spuren zumindest bis zur Hörnlihütte zu wandern.
Mit 3260m Höhe liegt sie 1600m über Zermatt - somit verspricht die Tour die ersehnte Anstrengung.
Bei erneut sonnigem Wetter machen wir uns auf den Weg Richtung Zmuttgletscher. Grüne Wiesen, seltene Pflanzen & eine
fotografierende Biolehrerin mittendrin! Bis zum 2900m hohen felsigen Fuß eine gemütliche Geherei, dann etwas mehr Aktion.
Steile Serpentinen & lose Steine zwischen dem Schnee fordern bei manchem Turnschuhtouristen den ein oder anderen
ungewollten Vierfüßlergang. Kaum haben wir nach 3h45min den Ausgangspunkt für die Besteigung des Matterhorns erreicht,
hängen wir auch schon am Einstiegsseil. "Nur bis zur Madonna ...?" Nach unserer Pause auf der Hütte wandern wir zurück
ins Tal & erreichen nach weiteren 2h30min Zermatt. Gut gelaunt & bereit zu großen Taten geht's gleich weiter nach Randa.
Nach einem verregneten Ausspanntag steht am folgenden der Aufstieg zur Domhütte an, die im
Wanderführer als "abwechslungsreiche, aber doch anspruchsvolle Tagestour" beschrieben wird.
Der Höhenweg, der ca.1500 Hm vom Dorf bis zur Hütte auf 2940m überwindet, führt durch tannendurchsetzte Lärchenwälder,
die sich an der Waldgrenze mit dürrem Berggras abwechseln. Weiter durch Geröll mit schroffen Felsen, bis hin
zu Felsstufen, die nur durch künstlich angelegte Treppen und Steige überwunden werden können. Leider ist die Landschaft
von dickem Nebel eingepackt und so sehen wir die als "überdimensionalen Bergkristall" beschriebene Domhütte erst, als wir direkt
vor ihr stehen. In der überfüllten Hütte angekommen geht es an die unmittelbare Vorbereitung: Richtig
essen, gut planen, gewissenhaft packen & zeitig schlafen - Dom, wir kommen...gleich!
2.30Uhr wecken & schon beginnt das Gerenne & der Wettstreit um einen Sitzplatz & was zu Essen im Speiseraum.
3.15Uhr marschieren wir los. Über den Festigletscher zum Festijoch & über diesen hinüber auf die Nordseite.
Nach dem Überwinden der Felsstufe entscheiden wir endgültig, nicht den Normalweg, die Nordflanke, zu gehen,
sondern über den um einiges interessanteren Festigrat. Abwechslungsreichen Spaß haben wir gleich zu Beginn,
denn der Festigrat erhebt sich 50° steil & vereist aus dem Joch. Eisschrauben setzen & Steileisklettern -
das sind neue interessante Erfahrungen. Weiter geht es zwischen Seraczonen & Felsen hinauf zum 4479m hohen Gendarm.
Daran vorbei in die "Gabel", einen Sattel vor dem Gipfelaufbau. Noch einmal kurz verschnaufen & 1/4h später am
menschenleeren jedoch äußerst windanfälligen Gipfelkreuz.
"Erkennbar durch 2 Scharten markiert steigt der Dom mehrere hundert Meter an aus dem Kammlauf der
Mischabelkette zwischen Täschhorn & Lenzspitze."
4545m! Zum Genießen des Ausblicks & der Einsamkeit am Gipfel genügt ein kurzer Moment . Der eisige Wind sorgt trotz
mehrerer Windstopper für rasche Auskühlung & mit klappernden Zähnen treibt er uns auf dem Normalweg von der Gipfelpyramide.
Bald treffen wir auf die Hundertschaften, die sich auf diesem Pfad noch im Aufstieg befinden. Die Monotonie der
Nordflankenbegehung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Kurz vor dem Festijoch queren wir die Eisbrüche, in die
der Hohberggletscher zerwürfelt ist, im Laufschritt.
Nach 5h Aufstieg sind es 3 1/2h zurück zum Bergkristall. Dort werden die restlichen Sachen eingepackt & dann beginnt
der Abmarsch nach Randa. Nach 1600HM bergauf insgesamt 3100HM bergab, das macht den Dom zum 4000er der Alpen, bei dem
der meiste Weg zurückgelegt werden muss!
In Randa angekommen, bekommen Füße & Knie ihre wohlverdiente Erholung. Noch eine Nacht in dieser majestätischen Unterkunft,
bevor wir den Bergen für einen kurzen Moment den Rücken kehren.
Anfang September geht es dann zur Weltmeisterschaft im Bergmarathon, zu dem der Jungfraumarathon 2007 erklärt
wird. Schon einmal mitgelaufen wollen wir möglichst lange durchlaufen & eine neue Bestzeit (schneller als 5:31h).
Die Jugi in Grindelwald unterstützt die letzten Vorbereitungen in Form von Nudeln zum Frühstück, zum Mittag & zum Abendbrot.
Samstag 9Uhr fällt der Startschuss. Nach einer 5km-Runde durch Interlaken geht es weiter ins Lauterbrunnental.
Bis zum Halbmarathon eine leicht ansteigende Strecke, die hpts. auf Asphalt gelaufen wird. Entsprechend hoch ist bis hier das
Tempo. Dass dieser Untergrund, gerade bei einem Berglauf, einer gewissen Vorbereitung bedarf, war DIE Lehre vom letzten Mal.
Nach 26km geht's dann steil, gute 500Hm auf 4km, bergauf Eisern laufen wir die Serpentinen bis ins Bergdorf & noch weiter &
trotzen den zig Läufern, die uns gehend überholen. Als bei km 34 der 5h-Pacemaker an uns vorbeijoggt, hat die Motivation
jedoch ihren Tiefpunkt erreicht. Das andauernde Bergauflaufen macht sich in den verkürzten Waden bemerkbar & als sich Krämpfe
ankündigen, werden Gehpausen eingelegt.
Als wir den Eigergletscher, km 38, erreichen, sind fast 4h vergangen. Stau auf der Moräne, der kein
Ende nehmen will. Da auf dem schmalen Pfad Überholen nicht möglich ist, muss man entweder
brav in der Schlange bleiben & sich seinem Schicksal ergeben oder aus der Reihe tanzen & neben
dem Pfad auf unwegsamen Gelände an den Pilgern vorbeiziehen & sich deren Gemecker über einen
ergehen lassen. Wir fühlen uns fit. Das Höhentraining im Wallis & die viele Lauferei hatten sich ausgezahlt. Also - vorbei!
An der Bahnstation Eigergletscher, mit 2205m der höchste Punkt der Strecke, haben wir mittlerweile 1829 Hm bergauf überwunden.
Jedes Jahr findet sich an dieser Stelle auch dieser Dudelsackspieler ein, der die Extrembergläufer auf seine Weise begleitet.
Es folgt der letzte Kilometer. Die 5-Stunden-Marke ist im Stau verloren gegangen & es geht zur Abwechslung mal steil bergab.
Nach 42,195km, 5:03h (die Katja) & 5:13h (der Matthias) Laufzeit und 2134Hm erreichen wir das Ziel auf der kleinen Scheideck
(2100m). 36. & 108. AK-Platz & überglücklich stellen wir fest: "Mir ha`ms richtig g`macht!"
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