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Mont Blanc - der Monarch 4807 m
von Ulrich Schardt 1991
Chamonix - das sehen wir nie. So oder ähnlich hat der Thüringer Bergsteiger mit
Galgenhumor vor der Wende seine Situation beschrieben, wenn die Rede auf die großen
Berge Europas, die Alpen kam.
Der Mont Blanc - unvorstellbar weit weg!
Da sitzt man dann 1991 in einem Cafe in Chamonix, schaut mit verklärtem Blick hinauf zum höchsten Berg Europas, fast 5000 m hoch und denkt sich:
hast du dir das wirklich richtig überlegt, willst du da wirklich hinauf?
Vor gut einer Woche waren wir noch im Berner Oberland. Dort war der Mönch der erste 4000er in meinem Bergsteigerleben.
Ota Simm, mein langjähriger Bergfreund aus Jablonec in Böhmen hatte mit seiner großen alpinen Erfahrung eine 14-tägige Tour
durch die Westalpen zusammengestellt, die für unsere kleine Gruppe, drei Isergebirgler und einem Südharzer, keine Wünsche offen ließ.
Neben dem Mönch waren Hinter Fiescherhorn und Jungfrau, für Ota auch noch das Finsteraarhorn eine hervorragende Möglichkeit,
sich an Fels und Eis zu gewöhnen und sich entsprechend zu akklimatisieren.
So vorbereitet und mit der nötigen Moral ausgestattet, schlug Ota vor, bei gutem Wetter eine Überschreitung des Mont Blanc Massivs zu versuchen,
schließlich war er nicht das erstemal oben...
Vor mehr als 200 Jahren, am 8. August 1786, wurde die Firnkuppel des Berges durch Balmat und Paccard das erste Mal betreten.
Deshalb spricht man auch bei diesem Ereignis von der Begründung des Alpinismus.
Während Balmat und Paccard über die Rochers Rouges und die Nordostabdachung den Gipfel erreichten, sollte unsere Route über die Aiguille de Gouter
zur Biwakschachtel Refuge Vallot führen , von der aus wir am nächsten Morgen hinauf zum Gipfel steigen wollten.
Das Wetter war prächtig und sicher, so dass wir gut akklimatisiert von der Endstation der Zahnradbahn Nid d Aigle (Adlernest) von 2386 m,
vorbei an der hoffnungslos überfüllten Hütte Aiguille du Goute bis auf 4362 zur Refuge Vallot aufstiegen.
Der eigentliche Gipfelsturm über den Bossesgrat (40 Grad Steileis verlangt sicheres Steigeisen gehen) begann gegen fünf Uhr morgens, mit Sonnenaufgang standen wir auf dem Gipfel.
Es war schon ein herrliches Gefühl auf dem Gipfel des Monarchen, auf 4807 m Meereshöhe zu stehen. Ganz Europa lag uns zu Füßen.
Aussicht und Stimmung waren grandios. Bis zu den Walliser Bergen reichte der Blick.
Dass ein Abstieg auch gleichzeitig Besteigung sein kann - die Überschreitung des Massivs machts möglich.
Über den Col de la Brenva (Brenvasattel - Achtung Wächten !!) führt der Weg zum 4465 hohen Mont Maudit
(den ich unterhalb des Gipfels umging) und weiter zum Gipfel des Montblanc du Tacul (4248).
Von dort muss man ca. 700 Höhenmeter in den Col de Midi absteigen, um dann noch einmal 300 Höhenmeter zur Aiguille de Midi auf 3842m aufzusteigen.
Die Skizze verdeutlicht den Weg unserer Überschreitung - von rechts kommend , vorbei an den Hütten Tete Rousse und Aig. de Gouter zur Refuge Vallot;
von dort über den Mont Blanc, den M. Maudit und den Mbl. du Tacul zur Aiguille du Midi.
Nach zwei ereignisreichen Tagen auf dem Dach Europas erreichten wir ziemlich geschlaucht, gesund, aber vor allem hochzufrieden wieder Chamonix - von wegen "sehen wir nie"!
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